Aufbau der Bekennenden Kirche

Für das kirchliche Notrecht

Gegen die Kirchenausschüsse

Verhaftungen

Aufbau einer neuen Kirche

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Aufbau der Bekennenden Kirche

Die im Mai 1934 gegründete Bekennende Kirche hatte auch in Potsdam viele Mitglieder. Anni von Gottberg trug wesentlich zum Aufbau der organisatorischen Struktur bei. Sie lud im August 1934 ihr bekannte bekenntnistreue Pfarrer und Gemeindemitglieder aus Potsdam und Nowawes in ihre Wohnung in der Augustastraße 35 ein. Mit ihnen gemeinsam initiierte sie die ersten Bibelkreise, in denen die Mitglieder über ausgewählte Passagen aus der Bibel diskutierten und Informationen über die aktuelle kirchenpolitische Lage austauschten.

Anni von Gottbergs Wohnung in der heutigen Weinbergstraße 35 im Hochparterre links, 2011 (Foto Corinne Waldbach)

Anni von Gottbergs Wohnung in der heutigen Weinbergstraße 35 im Hochparterre links, 2011 (Foto Corinne Waldbach)

Anni von Gottberg gewann prominente Vertreter der Bekennenden Kirche für Vorträge und Predigten in ihrer Gemeinde. Nicht allen Gemeinden standen für ihre regelmäßigen Zusammenkünfte kircheneigene Räume zur Verfügung, da deutsch-christliche Pfarrer oder Kirchenräte dies verhinderten. Auch Anni von Gottberg musste sich mit dem deutsch-christlichen Pfarrer Johann Rump auseinandersetzen, um den Friedenssaal zu nutzen. Die Gottesdienste der Bekennenden Kirche fanden vorwiegend in der Erlöserkirche statt. Die Bekenntnisgemeinde der Pfingstkirche nutzte die Kirche der evangelisch-altlutherischen Christusgemeinde in der Behlertstraße. Das Zentrum der Bekenntnisgemeinden von Nowawes und Neubabelsberg war die Friedrichskirche.

Erlöserkirche, undatiert (Stadtarchiv Potsdam)

Erlöserkirche, undatiert (Stadtarchiv Potsdam)

Im Sommer 1935 wurde Anni von Gottberg Mitglied im Kreisbruderrat der Bekennenden Kirche für den Kirchenkreis I in Potsdam. Dieser hatte sich im März 1935 im Haus des Christlichen Vereins Junger Männer in der Junkerstraße 15 (Gutenbergstraße) konstituiert, in dem sich auch das zentrale Büro der Bekennenden Kirche in Potsdam befand. Im Dezember 1935 wurde Anni von Gottberg in den Brandenburgischen Provinzialbruderrat berufen. Sie war – neben der Geschäftsführerin des Bruderrates in Pommern, Stephanie von Mackensen – die einzige Frau auf dieser Ebene der Bruderräte.

Anni von Gottberg, zwischen 1936 und 1945

Anni von Gottberg, zwischen 1936 und 1945

Für das kirchliche Notrecht

Das kirchliche Notrecht, ausgerufen auf der Dahlemer Synode im Oktober 1934, war die Voraussetzung zum Aufbau eines eigenen Kirchenregiments der Bekennenden Kirche mit einer neuen Struktur, Ausbildung, Finanzverwaltung etc. Damit lehnte die Bekennende Kirche die offizielle Verfassung der evangelischen Reichskirche ab und verweigerte die Zusammenarbeit mit den Deutschen Christen. Die konsequente Durchsetzung des Notrechtes führte überall zu Konflikten, auch in den Potsdamer Gemeinden. Vielen erschienen die in Dahlem gefassten Beschlüsse zu weitgehend.

Ernst Kumbier und Hugo Viebeg, undatiert

Ernst Kumbier und Hugo Viebeg, undatiert

Gegen die Kirchenausschüsse

Anni von Gottberg setzte sich im Bruderrat der Friedens-Erlösergemeinde, dem sie seit Januar 1936 angehörte, für die konsequente Durchsetzung des Notrechts ein. Das zog Auseinandersetzungen mit Ernst Kumbier und Hugo Viebeg, den Bekenntnispfarrern ihrer Gemeinde, nach sich. Ernst Kumbier stand zwar hinter den Beschlüssen, versuchte jedoch innerhalb der Gemeinde zu vermitteln. Deren Mitglieder hatten unterschiedliche Auffassungen zu den Dahlemer Beschlüssen und lehnten zum Teil einen radikalen Weg ab. Hugo Viebeg verweigerte eine generelle Ablehnung der Deutschen Christen. Auch mit anderen Mitgliedern der Bekennenden Kirche wie Friedrich von Falkenhausen, der gemeinsam mit Anni von Gottberg in den Bruderräten engagiert war, geriet sie wegen ihrer kompromisslosen Haltung in Konflikt. 1936 resümierte sie: „In Potsdam sieht man doch in erster Linie auf den Rang und wenn man wagt anders wie diese hohen Herrschaften zu denken und noch dazu eine Frau gegen die Männer redet, dann ist man doch unmöglich.“

Anni von Gottberg wandte sich gegen jegliche Zusammenarbeit mit den im Oktober 1935 gegründeten staatlichen Kirchenausschüssen. Sie setzte sich mit Pfarrern und Bruderratsmitgliedern auseinander, die ein Arrangement unter bestimmten Bedingungen für möglich hielten. Als im Frühjahr 1936 der Vorsitzende des Bruderrates der Pfingstgemeinde, Ernst Schwebel, die Berufung in einen der Ausschüsse annehmen wollte, schrieb ihm Anni von Gottberg: „Gehen Sie nicht in die Verfassungskammern des Reichskirchenausschusses. Wer sich mit den Irrlehrern an einen Tisch setzt, kommt rettungslos in ihre Fänge und ist für uns verloren. Jegliches Paktieren mit den Ausschüssen bedeutet Zerstörung der Kirche“. Doch Ernst Schwebel nahm die Berufung an.

Anni von Gottberg und ihr Sohn Sigurd (links) auf dem Hof der heutigen Weinbergstraße 35, undatiert. Das Areal im Hintergrund nennen die Potsdamer „Mausefalle“.

Anni von Gottberg und ihr Sohn Sigurd (links) auf dem Hof der heutigen Weinbergstraße 35, undatiert. Das Areal im Hintergrund nennen die Potsdamer „Mausefalle“.

Verhaftungen

1937 wurden auch in Potsdam und Nowawes zunehmend Mitglieder der Bekennenden Kirche verhaftet. So unter anderem die Fürsorgerin Senta Laue und die Pfarrer Viktor Hasse, Ernst Kumbier und Kurt Kunkel. Kurt Kunkel hatte in der Heilig-Geist-Kirche eine Kanzelabkündigung gegen das am 9. Juni 1937 vom Reichsinnenminister und vom Reichsminister für die kirchlichen Angelegenheiten erlassene Kollektenverbot für die Bekennende Kirche verlesen und war deshalb verhaftet worden.
Auch Anni von Gottberg erhielt einen Strafbefehl, denn sie hatte nach der Bekanntgabe von Kurt Kunkels Verhaftung in der Friedenskirche ebenfalls eine Kollekte sammeln lassen. Auf Grund des Vorwurfes, sie habe ein Schreiben der Bekennenden Kirche vervielfältigt, wurde sie im Herbst 1937 auch kurzzeitig verhaftet.

Anni von Gottberg um 1938

Anni von Gottberg um 1938

Zu dieser Zeit war auch Martin Niemöller inhaftiert. Er hatte in seinen Predigten wiederholt die staatlichen Maßnahmen gegen die Bekennende Kirche kritisiert. Nach dem Prozess gegen ihn im März 1938 wurde er in das KZ Sachsenhausen eingewiesen. Daraufhin fuhren zahlreiche Abordnungen von Kirchengemeinden nach Berlin, um bei den Behörden seine Freilassung zu erwirken. Auch Anni von Gottberg führte Gemeindedelegationen zu den Ministerien.

Aufbau einer neuen Kirche

Im August 1945 wurde Anni von Gottberg wieder in den Kreisbruderrat der noch bestehenden Bekennenden Kirche gewählt. Im März 1946 war sie eine von zehn Stellvertretern im Kirchenrat der Friedensgemeinde. Darüber hinaus war sie die Geschäftsführerin der Bekennenden Kirche in Potsdam. Bei den Wahlen des Gemeindekirchenrates im April 1953 wurde Anni von Gottberg mit der Mehrheit der Stimmen zur Ältesten gewählt. 1954 legte sie aus gesundheitlichen Gründen ihre Ämter nieder.

Publikation

„Ich bin für Potsdam das rote Tuch – Anni von Gottberg und die Bekennende Kirche“ von Jeanette Toussaint

Zu bestellen ist das Buch direkt beim Märkischen Verlag.

LESUNGEN

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